500 Tage Krieg im Sudan: Humanitäre Helfende beschreiben Szenen des Hungers und der Verzweiflung

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Köln (ots) –

500 Tage Krieg haben den Sudan in die größte Hungerkrise der Welt verwandelt, während der Hunger sich weiter im Land ausbreitet, warnt die Hilfsorganisation Islamic Relief Deutschland. Kinder sterben heute schon an Hunger, deswegen müssen Geberstaaten jetzt die Hilfe aufstocken, ihre Zusagen einhalten und diplomatische Lösungen erarbeiten. 25,6 Millionen Menschen – mehr als die Hälfte der Bevölkerung – sind von akutem Hunger betroffen. Etwa 13 Millionen Menschen sind inzwischen aus ihren Häusern geflohen.

Der Regionalleiter für humanitäre Hilfe von Islamic Relief, Mohamed Abduwahid Omar, besuchte soeben Einrichtungen für Vertriebene in Gedaref im Südosten des Sudan, wo Hunderttausende von Menschen vor der Gewalt Zuflucht suchen. Er berichtet:

„Ich habe viele Menschen mit eingefallenen Augen und ausgemergelten Körpern getroffen, die zwei Tage lang nichts gegessen haben. Andere essen nur eine kleine Tasse Linsen pro Tag. Die Menschen hungern und versuchen, einfach zu überleben.“

„Die Auffanglager für Vertriebene sind überfüllt und überfordert und 80 Prozent der Menschen dort sind Frauen und Kinder. Ich besuchte einen halbfertigen Busbahnhof, der zu einem Aufnahmezentrum für Neuankömmlinge umfunktioniert wurde. Dort befanden sich 1.450 Menschen, die verängstigt, erschöpft und hungrig angekommen sind und jeden Tag kommen weitere hinzu. Es gibt nicht genügend Platz, so dass viele Menschen in der Kälte und im strömenden Regen draußen schlafen müssen. Es gibt nur fünf Toiletten, die sich alle teilen müssen. Und jetzt, wo die Regenzeit begonnen hat, steigt die Gefahr von Krankheiten. Bei einer kürzlich durchgeführten Untersuchung hatten über 40 Prozent der befragten Personen mindestens ein Familienmitglied, das aufgrund der schlechten Bedingungen an schwerem Durchfall litt.“

„Die Menschen haben geweint, während sie mit mir sprachen. Sie haben Angst und keine Hoffnung für die Zukunft und wollen einfach nur, dass die Welt dabei hilft, diesen Albtraum zu beenden. Ich traf einen blinden Mann, der im letzten Jahr viermal vertrieben wurde, weil sich die Kämpfe ausweiteten. Er weiß nicht, wohin er als nächstes gehen wird, wenn er wieder fliehen muss. Das Einzige, was ihn interessiert, ist, von einem Tag auf den anderen zu überleben und etwas zu essen zu finden.“

500 Tage Krieg haben dazu geführt, dass 25,6 Millionen Menschen – mehr als die Hälfte der Bevölkerung – akutem Hunger ausgesetzt sind. Etwa 13 Millionen Menschen sind inzwischen aus ihren Häusern geflohen.

In Süd-Darfur sterben täglich Kinder an Unterernährung, weitere Gebiete können bald folgen

Während sich die Bedingungen in Teilen des Ostsudans wie Gedaref verschlechtern, ist es in vielen anderen Teilen des Sudan noch schlimmer. Mitarbeitende von Islamic Relief in Darfur, wo die Organisation Ernährungszentren unterstützt, sehen, wie Kinder aufgrund schwerer Unterernährung dahinsiechen. Es gibt Berichte von Familien, die Blätter von Bäumen oder sogar Tierfutter essen müssen, weil sie nichts Anderes haben. Anfang des Monats wurde im Lager Zamzam in Nord-Darfur offiziell die Hungersnot ausgerufen, und medizinische Einrichtungen in Süd-Darfur berichten, dass täglich vier bis fünf Kinder an Unterernährung sterben.

Seit Ausbruch des Krieges hat Islamic Relief mehr als 950.000 Menschen mit lebenswichtigen Hilfsgütern wie Lebensmitteln, Nahrungsmitteln, Bargeld-Hilfen und medizinischer Versorgung versorgt.

Hilfsorganisationen und lokale Behörden haben jedoch Mühe, das Ausmaß der Krise zu bewältigen. Der humanitären Hilfe fehlt es dringend an Mitteln, und die Konfliktparteien behindern weiterhin den Zugang zu einigen der am stärksten betroffenen Gebiete durch eine Kombination aus bürokratischen Verzögerungen und anhaltender Gewalt.

Fehlende Finanzierung verhindert lebensrettende Hilfe durch lokale und internationale Hilfsteams

Der Sudan hat sich zu einem der gefährlichsten Orte der Welt für humanitäre Hilfe entwickelt: Seit Ausbruch des Krieges wurden mindestens 37 Mitarbeiter von Hilfsorganisationen getötet. Dutzende weiterer Helfende wurden angegriffen und über 120 Büros und Lagerhäuser von humanitären Organisationen wurden von bewaffneten Gruppen geplündert, darunter auch Büros von Islamic Relief.

In Gedaref haben die humanitären Organisationen relativ guten Zugang, aber die fehlende Finanzierung behindert die humanitäre Hilfsreaktion. Die lokalen Behörden haben acht Aufnahmezentren eingerichtet, um die Vertriebenen auf andere, eigens dafür errichtete Standorte zu verteilen. Die meisten dieser Zentren befinden sich jedoch noch im Aufbau und sind noch nicht bereit, Menschen aufzunehmen, so dass die Aufnahmezentren überlastet sind und an ihre Belastungsgrenze stoßen.

Mehr Aufmerksamkeit und Diplomatie für den Sudan gefordert, um eine Hungersnot zu verhindern

Trotz des enormen Leids wird die Krise im Sudan von der Weltöffentlichkeit weitgehend vernachlässigt. Islamic Relief fordert die internationalen Regierungen auf, dringend ihre diplomatischen Bemühungen um einen sofortigen Waffenstillstand zu intensivieren und den Druck auf die Kriegsparteien zu erhöhen, um die Zivilbevölkerung zu schützen – sowie den Zugang für humanitäre Hilfe zu erleichtern und die Mittel für humanitäre Hilfe aufzustocken.

Vier Monate nach der Pariser Konferenz im April ist von den 2,2 Milliarden Dollar, die internationale Geber für die humanitäre Hilfe im Sudan zugesagt haben, nur sehr wenig eingetroffen und die Versprechen wurden nicht eingehalten. Islamic Relief fordert die Geber dazu auf, vorrangig Maßnahmen zur Verhinderung der Hungersnot zu finanzieren, wie z.B. die Bereitstellung von Bargeld-Hilfen, damit die Menschen Lebensmittel auf lokalen Märkten kaufen können und die Unterstützung von Kleinbauern mit Saatgut und landwirtschaftlichen Geräten.

Internationale Regierungen sollen auch die Unterstützung für die sudanesischen gemeindebasierten Helferinnen und Helfer vor Ort verstärken. Lokale Nothilfezentren und Gemeinschaftsküchen stehen seit Beginn des Krieges an vorderster Front der humanitären Hilfe, doch mussten viele von ihnen wegen Geldmangels und Angriffen geschlossen werden.

Pressekontakt:
Sara Ahmed Martinez, Pressereferentin
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Quelle: ots