Verbrennungen bei Kindern: Unfälle sind eine Frage des Alters, nicht der Saison

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Denkendorf (ots) –

Adventskranz, Weihnachtspyramide und Feuerwerk: Dezember und Jahreswechsel bringen viel offenes Feuer. Führt das zu einer erhöhten Zahl von Kindern mit Verbrennungen in medizinischer Behandlung? Klingt naheliegend, ist aber nicht der Fall: Carsten Krohn, Oberarzt der Klinik für Kinderchirurgie und leitender Arzt des Zentrums für Schwerbrandverletzte Kinder an der München Klinik Schwabing sieht keine weihnachtliche Häufung. „Ich hatte bisher noch keine Kinder, die durch einen brennenden Adventskranz oder Weihnachtsbaum zu Schaden gekommen sind“, so der Mediziner. Unabhängig von der Saison gilt sein Augenmerk ohnehin mehr der richtigen Behandlung. „Die gelingt heute schneller und viel schmerzärmer als noch vor 15 Jahren. Das ist unter anderem einer besonders guten Wundauflage, bekannt unter dem Namen Suprathel, geschuldet.“

Jugendlicher Übermut birgt Gefahren

„Verbrennungsgefährlicher als Weihnachten ist der Jahreswechsel mit seinem Feuerwerk.“ Das liegt laut Dr. Krohn speziell an den Knallkörpern, mit denen Jugendliche gerne experimentierten. „Den Knallfrosch unter die Kleidung zu stecken oder einen Blindgänger auseinanderzubauen – das mag lustig oder spannend klingen, ist aber schlicht gefährlich“, warnt Carsten Krohn. Schwarzpulver kann zu schweren Brandverletzungen führen.

Unfälle weitgehend unabhängig von der Jahreszeit

Jenseits von Experimenten mit Schwarzpulver haben Teenager das verbrennungsgefährliche Alter längst hinter sich. Das liegt bei etwa einem Jahr, wenn die Kinder gerade laufen können. Kontaktverbrennungen sind in diesem Alter ein häufiger Unfall. Mediziner Krohn: „Im Gegensatz zu Erwachsenen, die ihre Gliedmaßen sofort wegziehen, wenn sie Hitze spüren, können kleine Kinder das nicht. Sie lassen ihre Hand erst mal, wo sie ist – beispielsweise an der Glasscheibe des Ofens.“ Schwere Verbrennungen, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, sind die Folge.

Verbrühungen sind eine zweite Gefahr, die vor allem die ganz Kleinen betrifft. Das klassische Szenario ist die auf der Küchenarbeitsfläche abgestellte Teetasse. Sie zieht die kindliche Neugier auf sich, das Kind schafft es, die Tasse zu sich zu ziehen – und der heiße Inhalt ergießt sich über das Kindergesicht. Trifft eine heiße Flüssigkeit die Kleidung, kann die Verbrühung noch heftiger ausfallen. „Wir sehen immer wieder, dass beim Inhalieren eine offene, heiße Flüssigkeit verwendet wird, die vom Tisch kippt und den Kindern Bauch, Oberschenkel und Genitalbereich verbrüht.“

Das sei, so Krohn, ein typischer Herbstunfall, wenn es draußen kälter wird und die Atemwegsinfekte zunehmen; zusammen mit der Handkontaktverbrennung an der Ofenscheibe, hinter der das erste Feuer der Saison prasselt. Abgesehen davon gilt laut Kinderchirurg Krohn: „Eine Saison für Verbrennungen gibt es nicht“.

Quantensprünge in der Behandlung von Verbrennungen

Übers Jahr verteilt werden rund 7.000 Kinder Verbrühungen und Verbrennungen in deutschen Krankenhäusern behandelt. Nach Unfällen im Straßenverkehr stellen sie die zweithäufigste Unfallursache bei Kindern (Verbrennungen | Universitätsklinikum Tübingen (uni-tuebingen.de) (https://www.medizin.uni-tuebingen.de/de/das-klinikum/einrichtungen/kliniken/kinderklinik/kinderheilkunde-v/verbrennungen). Ihre Behandlung hat sich in den letzten 15 bis 20 Jahren grundlegend geändert. Carsten Krohn: „Zu Beginn meiner Laufbahn wurden Verbrühungen noch offen versorgt, das heißt, die Patienten mussten im Bett liegend warten, bis die betroffene Haut verschorft war. Das war langwierig, ungeheuer schmerzhaft und nicht nur für Kinder eine Tortur.“

Seit etwa 14 Jahren arbeitet das Klinikum München mit Suprathel, einer Wundauflage auf Laktid-Basis. Das Material, das aussieht wie dünnes, weißes Papier, wird direkt auf die betroffenen Areale gelegt. Es beruhigt, lindert Schmerzen und fördert die Wundheilung. In Kombination mit Fettgaze wird es durchsichtig, so dass der Arzt zur Wundkontrolle nicht den kompletten Verband öffnen muss. Verbandswechsel sind mit Suprathel viel seltener nötig als bei anderen Behandlungsmethoden und nahezu schmerzfrei. Die schmerzlindernde Wirkung von Suprathel macht es auch möglich, dass verletzte Kinder Berührungen tolerieren und von ihren Eltern umarmt und getröstet werden können. Zudem könnten die Kinder dank Suprathel das Krankenhaus schneller wieder verlassen.

„Wir setzen Suprathel rund 150-mal im Jahr ein, insbesondere bei Verbrennungen zweiten Grades, also beispielsweise bei Verbrühungen“, berichtet der leitende Arzt des Zentrums für Schwerbrandverletzte Kinder an der München Klinik Schwabing: „Damit haben wir nur ein Drittel der Narben, die wir früher gesehen haben.“ Selbst bei Verbrennungen dritten Grades ist der Einsatz von Suprathel sinnvoll, um die Wunde zu beruhigen, bevor Haut transplantiert wird.

Gefahren im Blick behalten

Trotz allem bleiben Kerzen und offenes Feuer eine Gefahr für kleine Kinder. Hat sich ein Kind verbrannt oder verbrüht, so gilt als erstes: Hitzequelle weg und die Verletzung kühlen, allerdings nicht zu lange, damit das Kind nicht auskühlt. Im Zweifel ist es sinnvoll, den Rettungswagen zu rufen und das Kind ins Krankenhaus bringen zu lassen. „Nicht selbst fahren“, rät Carsten Krohn, „denn bei Eltern liegen nach einem solchen Unfall die Nerven blank“. Der Spezialist rät außerdem zur Gabe von einem Schmerzmittel, denn: „Verbrennungen sind extrem schmerzhaft.“

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Quelle: ots