München (ots) –
Hinter Statussymbolen und stolzen Posts in sozialen Medien versteckt sich oft eine dicke Schicht Einsamkeit. Jüngere Menschen zwischen 18 und 35 Jahren sind als Ergebnis der Covid19-Pandemie am häufigsten einsam, danach folgen die Senioren (25%). Ein Zehntel aller Menschen leidet unter Einsamkeit. Diese sind gesundheitlich teilweise nicht mehr in der Lage, Anschluss zu suchen, oder trauern um einen Lebenspartner oder verlorene Freunde. Die World Health Organisation hat daher Einsamkeit als „Pandemie des 21. Jahrhunderts“ bezeichnet.
Ein Beispiel: Helmut betrachtete diesen Job als die große Chance seines Lebens. Der 35-Jährige wurde als Manager eines Krankenhauses eingestellt. Seine Aufgabe bestand darin, das Haus so umzustrukturieren, dass es deutlich rentabler werden konnte. Sein Einkommen setzte sich aus zwei Säulen zusammen: Seinem Gehalt und Boni, die erfolgsabhängig ausbezahlt wurden. Weil es sofort sehr gut lief, kaufte er das von seiner Frau langersehnte Haus – auf Kredit. Der Hund, den die Kinder sich wünschten, kam auch bald dazu. Doch schon im zweiten Jahr lief es im Krankenhaus nicht wie geplant. Seine Sparmaßnahmen stießen auf Widerstand, die Belegschaft stand immer weniger hinter ihm. Die Kollegen in den anderen Häusern erwirtschafteten sehr viel höhere Renditen als er, was ihn zusätzlich unter Druck setzte. Zuhause wagte er sich seiner Frau kaum anzuvertrauen, er zog sich mehr und mehr zurück. Irgendwann wurde er zur Geschäftsleitung gerufen, er sei nicht mehr tragbar.
Wenige Jahre nachdem er die Chance seines Lebens ergriffen hatte, stand Helmut vor einem Scherbenhaufen. Er hatte seine Möglichkeiten im Krankenhaus überschätzt, er hatte sich zu wenig Unterstützung bei seiner Frau gesucht und seine Familie nur noch als Aufgabe betrachtet, nicht als Ort von Geborgenheit und Sicherheit. Seine Frau ließ sich schließlich scheiden und das Haus wurde verkauft.
Körperliche Reaktion auf Einsamkeit
Menschen sind soziale Wesen. Einsamkeit wirkt auf den Körper wie ein negativer Stressor, daher wird mehr Kortisol ausgeschüttet. Der innere Dauerstress führt zu gesundheitlichen Problemen: Der Körper stellt mehr Zucker bereit, was auf Dauer zum Abbau von Muskel-Eiweiß führt. Das wiederum bewirkt einen erhöhten Blutzuckerspiegel. Ein so angetriebenes Herz-Kreislauf-System erzeugt Bluthochdruck. Die Immunabwehr sinkt, Infektionen können so rascher greifen. Chronischer Stress kann auch zu Magengeschwüren oder Osteoporose führen.
Die häufigsten Symptome sind Schlafstörungen, depressive Symptome und Selbstwertprobleme. Soziale Isolierung erhöht das Risiko, einen Schlaganfall oder Herzinfarkt zu erleiden oder an Krebs zu erkranken.
Das Sozialleben ist der Schlüssel für Gesundheit
Die psychische Gesundheit baut auf einem Zusammenwirken von Vertrauen, tiefgehenden, berührenden und nährenden sozialen Kontakten und Verbindlichkeit auf. Wenn dies zu wenig bis gar nicht im Leben vorhanden ist, startet der Teufelskreis der Einsamkeit. Je stärker man sich zurückzieht, desto weniger wagen wiederum andere eine Kontaktaufnahme. Einsamkeit können Menschen empfinden, wenn sie keine Partnerschaft oder keine Kinder haben. Auch wenn uns die „Hollywoodisierung“ (Soziologe Karl Otto Hondrich) vorgaukelt , dass eine Liebesbeziehung oder die Seligkeit einer Kleinfamilie nahezu alle Probleme lösen würde, können sich Gefühle der Einsamkeit bei Paaren und in Familien ebenso einschleichen.
Verlässliche familiäre und freundschaftliche Beziehungen verlängern sogar die Lebenszeit. Alleine sein, um für sich Ruhe zu finden oder um Kunst den Raum zu lassen, ist etwas anderes, als isolierende Einsamkeit.
Einsamkeit ist oft sozial antrainiert und nährt sich teilweise aus Defiziten in der frühkindlichen Betreuung, wo Babys oder Kleinkinder erst länger weinen mussten, ehe man sich ihrer angenommen hat. Auch ein sehr zurückgezogenes Leben in den eigenen vier Wänden oder wenig Kontakt zu den Nachbarn senden Kindern das falsche Signal, dass es normal sei, wenig Sozialleben zu pflegen.
Wege ins Miteinander
Einsamkeit lässt sich auf verschiedenen Wegen überwinden. Eine therapeutische Unterstützung ist oft empfehlenswert. Diese lässt sich über den Hausarzt ermöglichen. In Phasen akuter Einsamkeit ist die Nummer der Telefonseelsorge oder der Chat eine hilfreiche Anlaufstelle. Für junge Menschen bis 25 Jahre gibt es auch „krisenchat“. Für eine längerfristige Überwindung der Einsamkeit ist ein Besuch von zu den eigenen Interessen passenden Gruppen, egal ob in Kultur, Musik, Spiel, Tanz oder Sport sowie thematischen Neigungen empfehlenswert. Es können auch gerne mehrere Gruppen sein, die unbedingt verbindlich besucht werden sollten – egal, ob dazu Lust und Laune angeblich richtig sind. Ein machbares Programm mit wenigen oder keinen Leistungszielen ist sinnvoll.
Auch die kleinen Alltagsbegegnungen beim Einkaufen oder Spaziergängen tanken die Seele auf. In den sonnenarmen Monaten Oktober bis März sollte tagsüber insgesamt mindestens eine halbe Stunde am Tageslicht in den Kalender. Gläubige Menschen sind wissenschaftlich belegt insgesamt glücklicher als atheistische Zeitgenossen. Die Empfehlung lautet daher, sich Kreise zu suchen, in denen man sich angenommen fühlt. Das beinhaltet auch, soziale Netzwerke oder Menschen aus dem eigenen Umfeld, die einem erwiesenermaßen nicht gut tun, zu verlassen. Mit all dem kann ein stabileres soziales Leben entstehen.
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